Studentinnen gewinnen Gold aus Elektroschrott
Albstadt/Sigmaringen. Wie lässt sich Gold aus Elektroschrott möglichst umweltfreundlich, wirtschaftlich und sozialverträglich zurückgewinnen? Mit dieser hochaktuellen Frage haben sich Marlena Haag, Anna Kraus und Selin Yavuz im Rahmen ihres Industrieprojekts im Studiengang Sustainable Engineering an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen beschäftigt. Das interdisziplinär begleitete Projekt mit dem Titel „Goldfinger“ zeigt: In Elektroschrott steckt nicht nur viel Potenzial – sondern auch jede Menge echtes Gold.
Elektronische Geräte enthalten wertvolle Rohstoffe wie Gold, das wegen seiner ausgezeichneten chemischen und physikalischen Eigenschaften in der Elektronikindustrie unverzichtbar ist. Gleichzeitig wächst der Elektroschrott-Berg stetig: Allein im Jahr 2022 wurden in der EU rund fünf Millionen Altgeräte entsorgt – oft unsachgemäß und auf Kosten von Mensch und Umwelt. Dabei enthält eine Tonne Elektroschrott im Schnitt etwa 250 Gramm Gold – fünfzigmal so viel wie eine durchschnittliche Goldmine. Trotzdem liegt die Recyclingquote in Europa aktuell nur bei rund 43 Prozent.
Vor diesem Hintergrund analysierte das Projektteam unter der Betreuung von Prof. Dr. Jörn Lübben verschiedene alternative Verfahren zur Goldrückgewinnung. Dabei wurden nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigt. Die Studierenden zerlegten 11,9 Kilogramm Elektroschrott, trennten beispielsweise vergoldete Kontakte heraus und testeten und bewerteten anschließend mehrere Rückgewinnungsmethoden.
„Ich finde es sensationell, was Sie in gut drei Monaten zusammengetragen und geleistet haben“, sagte Jörn Lübben bei der Abschlusspräsentation. Besonders überzeugt hat dabei die umfassende Bewertung der Umweltauswirkungen: In einer detaillierten Ökobilanz zeigte sich, dass vor allem der eingesetzte Strommix den CO₂-Fußabdruck der Verfahren bestimmt – grüne Energie kann hier also entscheidend sein. Die vielversprechendste Methode im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit ist derzeit die Thiosulfatlaugung: Sie kostet rund 7,44 Euro pro 500 Gramm Elektroschrott und liefert dabei etwa 0,46 Gramm Gold.
Das Projekt weckte auch Interesse in der Fakultät Life Sciences: Der Mikrobiologe Prof. Dr. David Drissner, der die Abschlusspräsentation besuchte, sieht großes Potenzial in der biologischen Rückgewinnung von Gold mithilfe von Bakterien. Ein entsprechender Stamm wurde bereits bestellt, und ein Nachfolgeprojekt ist in Planung – für mindestens zwei der drei Studentinnen wird es in ihre Bachelorarbeit münden.
Das Projekt mache deutlich, wie viel Innovationspotenzial in der Kombination aus praxisnaher Lehre, interdisziplinärer Zusammenarbeit und Nachhaltigkeitsfokus steckt, sagt David Drissner. „Es ist außerdem ein sehr gutes Beispiel dafür, welchen Beitrag junge Ingenieurinnen und Ingenieure für die Kreislaufwirtschaft der Zukunft leisten können.“
