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Corona: Was der Staat jetzt für Unternehmen tut

Albstadt/Sigmaringen. Die Corona-Krise hält derzeit alle in Atem. Neben den großen Herausforderungen an das Gesundheitswesen verheißt derzeit auch die wirtschaftliche Situation für viele Unternehmen Schwierigkeiten. Prof. Dr. Jonas Rossmanith, Steuerberater und Professor an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen, leitet gemeinsam mit Prof. Wilfried Funk das Kompetenzzentrum internationale Rechnungslegung und internationales Controlling. Im Interview beantwortet er wichtige Fragen.

Wie schätzen Sie die aktuelle wirtschaftliche Situation ein?

Seit jeher ist bekannt, dass Liquiditätsengpässe Unternehmen in die Kurzarbeit oder schlimmstenfalls zu Entlassungen zwingen. Unternehmen und Selbstständige aller Branchen müssen ihre geplanten Investitionen und Innovationen auf den Prüfstand stellen. Der überwiegende Teil von Unternehmen kann aus wirtschaftlichen Gründen nur schwer Entscheidungen treffen, die die Zukunft betreffen. Neuentwicklung, Innovationen und Investitionen werden deshalb reduziert. Wahrscheinlich steht uns für eine längere Zeit eine Rezession bevor – dies haben auch schon das Ifo-Institut und die Wirtschaftsweisen mitgeteilt. Damit der Prozess des wirtschaftlichen Abschwungs abgeschwächt wird, hat die Bundesregierung staatliche Förderungen initiiert, die in die richtige Richtung gehen, damit Unternehmen diese Corona-Krise überstehen.

Um welche staatlichen Förderungen handelt es sich hierbei?

Hier ist zuerst die „Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige“ zu nennen, die ein überlebensnotwendiges Förderprogramm für viele Unternehmen ist. Der Bund stellt insgesamt 50 Milliarden Euro bereit. Die Soforthilfe besteht aus einem nicht rückzahlbaren Zuschuss zu den Betriebskosten wie Miete, Leasing, Personalkosten, Aufwendungen für Werbung oder auch Beratungskosten. Der Bund folgt damit Bundesländern wie Bayern, Berlin oder Baden-Württemberg, die bereits ähnliche Hilfen beschlossen hatten. Ob das Förderprogramm alle Unternehmen vor einer drohenden Insolvenz bewahrt, muss aber leider bezweifelt werden. 

Wie sieht dieses Förderprogramm konkret aus, und wer kann es beantragen?

Das Soforthilfe-Programm ist gestaffelt nach der Zahl der Beschäftigten. Ist nun jemand soloselbstständig oder führt ein kleines Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten, dann können es bis zu 9000 Euro sein. Bei maximal zehn Beschäftigten sind es bis zu 15.000 Euro. In Baden-Württemberg stockt das Land die Hilfe des Bundes für Unternehmen mit zehn bis 50 Beschäftigten mit einem Zuschuss in Höhe von bis zu 25.000 Euro auf. Wichtig zu wissen: Falls der Vermieter die Miete um mindestens 20 Prozent reduziert, kann der nicht ausgeschöpfte Zuschuss auch für zwei weitere Monate eingesetzt werden.

Wie beurteilen Sie dieses Förderprogramm?

Es ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung dieses Soforthilfe-Programm gestartet hat. Da sie aber als Zuschuss zu den Betriebsmitteln verstanden wird, kommen aber nicht alle Soloselbstständigen in den Genuss – nämlich diejenigen, die ihre Tätigkeit ohne Betriebsmittelfinanzierung ausüben wie z.B. freiberufliche Lehrende oder Selbstständige in der medizinischen Prävention. Und ob die ausgelobte Höhe als Überbrückung für einen Zeitraum von drei Monaten ausreichend ist, muss in den meisten Fällen angezweifelt werden.

Haben die Unternehmen weitere Möglichkeiten, ihre Liquiditätssituation zu verbessern?

Die staatliche Förderbank KfW hat angesichts der aktuellen Krise das Sonderprogramm 2020 aufgelegt, dessen finanzielle Mittel unbegrenzt zur Verfügung stehen. Durch niedrigere Zinssätze und eine vereinfachte Risikoprüfung der KfW bei Krediten bis zu drei Millionen Euro soll eine weitere Erleichterung für die Wirtschaft geschaffen werden. Mit dem Programm können sowohl Betriebsmittel als auch Investitionen finanziert werden, und die Auszahlung soll laut Bundesregierung schnellstmöglich erfolgen.

Wie beurteilen Sie dieses KfW-Sonderprogramm 2020?

Damit hat die Bundesregierung die Weichen in die richtige Richtung gestellt. Durch eine höhere Haftungsfreistellung durch die KfW-Förderbank von bis zu 90 Prozent bei Betriebsmitteln und Investitionen von kleinen und mittleren Unternehmen wird die Kreditvergabe für die Hausbanken deutlich erleichtert. Diese 90-prozentige Haftungsfreistellung kann man als eine staatliche Bürgschaft ansehen. Aktuell ist aber leider festzustellen, dass Banken trotz dieser sehr hohen Haftungsübernahme durch den Staat bei der Kreditvergabe sehr zögerlich sind. Das spüren vor allem Familienunternehmen, die überwiegend klein und mittelständisch geprägt und für unseren wirtschaftlichen Kreislauf sehr bedeutend sind.

Wie könnte diese Zögerlichkeit der Banken behoben werden?

Der Staat müsste ähnlich wie beim europäischen Rettungsschirm seine Bürgschaftshöhe auf 100 Prozent steigern. Damit würde das Haftungsrisiko in Gänze auf den Staat übergehen, und die Banken wären viel freier in ihren Entscheidungen. Natürlich müssen Banken eine korrekte Risikoüberprüfung vornehmen, um bei Falschentscheidungen in die Pflicht genommen zu werden. In der aktuellen wirtschaftlichen Situation, vor allem für unsere Familienunternehmen, würde eine 100-prozentige Haftungsübernahme durch den Staat aber zu einer enormen Erleichterung führen und wahrscheinlich für viele Unternehmen die Existenz sichern. Man kann jetzt nur hoffen, dass die Bundesregierung diesen Schritt auch geht. Ich würde es machen.